Unabhängig und inhaltlich stark

Dessau-Roßlauer Stadtratsfraktionen und Parteien im Netz – Folge 3: FBF – Freies Bürger-Forum


08. Januar 2025

Wie präsentieren sich Parteien und Stadtratsfraktionen in Dessau-Roßlau im Internet? Mit einer eigenen Website können politische Protagonisten sich, ihre Positionen und Personen der Öffentlichkeit vorstellen und an der „politischen Willensbildung des Volkes mit[wirken]“ (Artikel 21, Satz 1 Grundgesetz).

In einer Serie dokumentiert DeRoPolis die Web-Auftritte der Dessau-Roßlauer Politik-Akteure. Folge 3: Freies Bürger-Forum (FBF). Die Website ist per Internet-Suche einfach zu finden und hier nicht verlinkt.

Übersichtlich, aktuell, konkret

Eine Fraktion aus zwei Listen: Freies Bürger Forum

Im besten Sinne übersichtlich: Die Startseite des FBF.

Kurze Vorstellung, Newsletter und Adresse mitsamt E-Mail. Darüber ein klar strukturiertes Menü mit sechs Auswahlmöglichkeiten. Kompliment, der Auftritt lädt ein, sich zu informieren.

Im ersten Satz die Erklärung, wer das eigentlich ist, das Freie Bürger-Forum. Zur Wahl war das nämlich gar nicht als Liste angetreten.

Stadträtinnen und Stadträte zweier Listen bilden die Fraktion: Jene von „Neues Forum – Bürgerliste“ (NF-BL) und von der „Freie Fraktion“ (FF). Praktisch: Die Listen-Namen sind mit Links hinterlegt. Bei NF-BL geht’s damit zur Website der Liste. Der FF-Link führt nur zur Website der Stadtverwaltung. Das aber ist verzeihlich, denn die kleine, vom kommunalpolitischen Urgestein Hans-Peter Dreibrodt geprägte Liste, ist in der Stadt allen politisch Interessierten bekannt.

Das ist eine Startseite ohne Stuss und Geschwätz.

Aktuelles wie im Nachrichten-Ticker

Unter „Aktuelles“ geht es zu wie auf einem Nachrichtenticker: Überschrift – Datum – Textanriss mit Link zum kompletten Beitrag. Stark.

Chronologisch geordnet reichen die Beiträge von August bis Dezember 2024, thematisch von der Bildung der Fraktion über BUGA und Rosenhof bis zur kommunalen Wärmeplanung.

Übersichtlich präsentiert die Fraktion ihre Arbeit auch zur Vorbereitung ihrer Positionen: Mit einem Besuch der Stadtwerke und Gesprächen mit dortigen Verantwortlichen sammelte sie beispielsweise Informationen zur genannten Wärmeplanung.

Fraktionsmitglieder vorgestellt

Die sieben Stadträtinnen und Stadträte der Fraktion stellen sich unter dem Punkt „Fraktion“ vor.

Das funktioniert ohne langes Herumgeklicke. Sieben Portraits und gleich darunter Fotos aus dem Leben mit kurzen Vorstellungen.

Das wirkt bürger:innennah und autentisch.

Auffallend: Eine Stadträtin ist Mitglied der Linkspartei. Die hatte keine eigene Fraktion mehr aufstellen können.

Welche Fraktionsmitglieder in welchen Ausschüssen, Stadtbezirksbeiräten, Ortsräten, Aufsichtsräten und sonstigen Gremien mitarbeiten, zeigt ein Klick auf den Reiter „Gremien“. Auch sehr übersichtlich und transparent.

Themen im Fokus: Information ohne Umwege

Allegemeiner wird’s unter dem Stichwort „Themen„.

Die Blöcke „Stadtentwicklung„, „Bürgerbeteiligung„, „Soziales“ sowie „Energieversorgung und Umwelt“ umreißen offenbar die Interessenschwerpunkte der Fraktion.

Jeder Beitrag ist mit Links versehen, die zu ergänzenden Informationen führen.

Termine: Einladung zur Mitwirkung

Unter „Termine“ listet die FBF eigene „Fraktionssitzungen“ sowie „Öffentliche Sitzungstermine“ auf.

Ein echtes Serviceangebot. Der verlinkte Google-Kalender mit Sitzungen des Stadtrates und seiner Ausschüsse ist übersichtlicher als die entsprechende Website der Stadtverwaltung.

Und wer sich rechtzeitig schriftlich anmeldet, kann augenscheinlich auch an Sitzungen der Fraktion teilnehmen. Der Reiter „Kontakt“ führt zu einem einfachen Online-Formular, mit dem Interessierte der Fraktion schreiben können.

Fazit: Online-Bürger:inneninformation ohne Schnickschnack

Die Website trägt die Hand- respektive Programmierschrift des Neuen Forum – Bürgerliste; die Website der NFB-Wähler:innenvereinigung ähnelt jeder der Fraktion frappierend. Aber das ist durchaus vorteilhaft. Denn beide Websites bestechen mit aufgeräumtem Design, nutzer:innenfreundlicher Struktur und aktuellen Inhalten ohne Schnickschnack.

Wer sich über die Fraktion informieren will, braucht keine Social-Media-Kanäle (für die man sich in der Regel auch noch anmelden und damit eigene Daten preisgeben muss). Die Website bietet frei zugänglich verständliche Aussagen. Da kann sich manch anderer eine dicke Scheibe abschneiden.

Christlich, Demokratisch, Unpünktlich

Dessau-Roßlauer Stadtratsfraktionen und Parteien im Netz – Folge 2: CDU


05. Januar 2025 / aktualisiert: 07. Januar 2025

Wie präsentieren sich Parteien und Stadtratsfraktionen in Dessau-Roßlau im Internet? Mit einer eigenen Website können politische Protagonisten sich, ihre Positionen und Personen der Öffentlichkeit vorstellen und an der „politischen Willensbildung des Volkes mit[wirken]“ (Artikel 21, Satz 1 Grundgesetz).

In einer Serie dokumentiert DeRoPolis die Web-Auftritte der Dessau-Roßlauer Politik-Akteure. Folge 2: Die CDU. Die Website ist per Internet-Suche einfach zu finden und hier nicht verlinkt.

Ein bisschen wie Bahnfahren: Verspätet aber mit nett-informativer Lektüre

Neu im Januar ’25: Allerheiligen & Allerseelen

Die Website der Dessau-Roßlauer CDU begrüßt Besucher:innen mit neuesten Nachrichten.

Breaking News im Januar 2025: Allerheiligen ist am 1. November. Ja nee, is‘ klar… Weihnachtsgrüße hätten auch zu christlich gepasst – und zu aktuell auch (wenn’s denn schon kein Willkommen im neuen Jahr ist).

Etwas weiter unten auf der selben Seite: „Aktuelle Nachrichten„, damit sind Leser:innen „Immer auf dem Laufenden“.

Von laufen kann indes keine Lese sein: Mit Nachrichten aus Juli 2024 (Vorstandswahlen in einem Ortsverband und Kommunalwahl) hinkt es eher als es läuft – und zwar ziemlich hinterher.

Fraktions-Themen im Nirvana

Aktuell sind Namen und Portraits CDU-Stadtratsfraktionsmitglieder unter dem Menü-Reiter „Fraktion“.

Bürger:innen sehen, wer da für die Partei im Rat sitzt.

Wofür sich die Damen und Herren konkret einsetzen, bleibt unklar.

Ein Kasten (hier lila umrandet) verspricht zwar Zugang zu „aktuelle[n] Themen und Beschlussvorlagen der CDU-Fraktion Dessau-Roßlau„, der Link (lila unterstrichen) führt aber ins virtuelle Nirvana.

Klicks auf „Ausschüsse“, „Abgeordnete“, „Besetzung der Ausschüsse“ und „Fraktionsgeschäftsstelle“ zeigen das selbe Ergebnis – nämlich keines. Wer auf „Stadtratsfraktion“ klickt erhält zwar größere Ansichten der Antlitze der Fraktionsmitglieder, Informationen zu den Personen gibt es aber nicht: Zwar verbergen sich in den Bildern Links, die leiten aber auch ins Nirgendwo.

Vorstand ohne Führung

Konservativ-demokratisch Gesinnte schätzen oft Führung. Führung ist hier im besten Sinne gemeint: Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt’s eine:n, der/die die Dinge regelt. So die Volksweisheit.

Geführt wird die CDU der Stadt vom Vorsitzenden. Laut Website des CDU-Landesverbandes ist das Florian Kellner. Laut Website des Kreisverbands Dessau-Roßlau ist das Vorsitzendenamt „vakant“.

Hintergrund (siehe dazu „Aktualisierung“ unten): Kellner trat im August 2024 als Vorsitzender zurück. Er hatte im Stadtrat für die Besetzung eines Ausschuss-Postens mit einem Vertreter der Blaunen (AfD) gestimmt. Die örtliche Zeitung hatte daraufhin spekuliert, die „Brandmauer“ der CDU gegenüber den (Äußerst-)Rechtspopulisten bröckele. CDU-interner Druck soll zu Kellners Rücktritt geführt haben.

Nichtsdestoweniger präsentiert die Website der Landes-CDU den Mann nach wie vor als Chef der Dessau-Roßlauer Union. An welcher Stelle da jemand in der Union geschlafen hat und augenscheinlich weiterhin pennt, wäre Spekulation. Ist aber auch egal. Entweder aktualisiert man auch auf Landesebene die Informationen nur sporadisch, oder die örtliche Union hat nicht einmal parteiintern kommuniziert.

Fatal hinsichtlich des Bildes, das die CDU bei ihrer Selbstdarstellung im Netz abgibt, ist das allemal. Denn es geht um die Frage der Führung. Die soll wohl am 17. Januar 2025 neu gewählt werden. Fast fünf Monate lang war demnach der Posten vakant. Auch das mag mit organisatorischen Herausforderungen begründbar sein. Dass aber nicht einmal unter „Aktuelles Archiv“ eine Nachricht in der Causa zu finden ist, gibt Anlass zu der Vermutung, die örtliche CDU habe die Methode „Augen zu und durch“ gewählt.

Führung hat sehr viel mit Kommunikation zu tun. Wer in Fragen von Führungspositionen nicht kommuniziert, führt nicht, sondern hinkt hinterher. „Unpünktlich“ wirkt da als Einordnung noch gnädig.

Kellner ist übrigens auch nach der Kommunalwahl 2024 weiterhin Stadtrat.

„Keine Events“ sechs Wochen vor der Wahl?

„Wenn Sie sich politisch engagieren möchten, würden wir uns sehr freuen, Sie auf einer unserer nächsten Veranstaltungen persönlich begrüßen zu dürfen.“ steht auf der Homepage der CDU Dessau-Roßlau.

Schwierig wird’s, wenn jemand dieses Angebot wahrnehmen möchte. Ein Klick auf „Termine“ (unter dem Reiter „Aktuelles und Termine“) führt unter der Überschrift „Januar 2025“ zu „Januar 2025“ zu dem Satz „Es gibt keine Events in diesem Monat.“

Echt jetzt? Gute sechs Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 „keine Events“?

Verschlafen mit Abraham Lincoln

Des Rätsels Lösung: Wer unter besagtem „Aktuelles und Termine“-Reiter auf den nichtssagenden Punkt „CDU-Informationen“ und dann unter „2025“ auf das „+“-Zeichen klickt, erreicht einen Newsletter, das zweimonatlich erscheinende Info-Heftchen der CDU Dessau-Roßlau, Ausgabe Januar/Februar 2025. Wenigstens das ist offenbar pünklich fertig geworden.

Ganz am Ende des Heftes, auf Seite zwölf, sind sowohl „Termine der Ortsverbände und Vereinigungen“ als auch „Termine im Kreisverband Dessau-Roßlau“ zu finden (siehe Screenshot).

Auf Seite eins des besagten Heftes prangt ein angeblicher Spruch Abraham Lincolns (16. Präsident der USA): „Halte Dir jeden Tag dreißig Minuten für deine Sorgen frei, und in dieser Zeit mache ein Nickerchen“ (Zeichensetzung gemäß Zitat von CDU-Website). Anscheinend hat die CDU Dessau-Roßlau viele Sorgen und verschläft deshalb die meiste Zeit – zumindest online.

Fazit: Unpünktlich mit nettem Heftchen – wie beim Bahnfahren

Wer in einem verspäteten Zug sitzt, kann meist in Heftchen oder Magazinen des jeweiligen Bahnunternehmens blättern. Zuweilen finden sich dort sogar nützliche Informationen. Grund für Verspätungen sind meist Unpünktlichkeiten wegen Baustellen und ähnlichem Ungemach.

Auf der Website der CDU Dessau-Roßlau ist es ähnlich: Wer auf dieser Baustelle zu viele veraltete Informationen findet, weil Aktuelles nur unpünktlich online geht, blättert vielleicht irgendwann in besagtem Online-Heftchen. Und wer die Seiten desselben tatsächlich bis zum Ende durchblättert, kommt tatsächlich dort an, wo er oder sie hin will: Zu aktuellen Informationen.

Korrektur / Aktualisierung:

07. Januar 2025

In einer vorhergehenden Version des Beitrages war bis zum 07. Januar 2025 zu lesen, die CDU Dessau-Roßlau habe es seit der Wahl Florian Kellners zum Vorsitzenden versäumt, diese Personalie auf ihrer Website einzupflegen. Tatsächlich hatte man den Posten nach dem Rücktritt Kellners auf der Website auf „vakant“ gesetzt. DeRoPolis dankt für den freundlichen Leser:innenhinweis.

Aktualisierung / Ergänzung

07. Januar 2025

Die CDU Dessau-Roßlau hat auf ihrer Webseite Neujahrsgrüße 2025 veröffentlicht.


AfD ohne f: Avanti Dilettanti

Dessau-Roßlauer Stadtratsfraktionen und Parteien im Netz – Folge 1


04. Januar 2024

Wie präsentieren sich Parteien und Stadtratsfraktionen in Dessau-Roßlau im Internet? Mit einer eigenen Website können politische Protagonisten sich, ihre Positionen und Personen der Öffentlichkeit vorstellen und an der „politischen Willensbildung des Volkes mit[wirken]“ (Artikel 21, Satz 1 Grundgesetz).

In einer Serie dokumentiert DeRoPolis die Web-Auftritte der Dessau-Roßlauer Politik-Akteure. Folge 1: Die AfD (hier auch „die Blaunen“ genannt, in Anlehnung an die Parteifarbe Blau und ihr bräunliches Gedankengut). Die Website ist per Internet-Suche einfach zu finden und hier nicht verlinkt.

Die Blaune Gegenwart der Vergangenheit

Fraktion der Gestrigen

Am 03. Januar 2025 besteht die blaune Fraktion im Dessau-Roßlauer Stadtrat laut Website der Partei aus acht Männern. Darunter der seitens der Partei verfemte Lutz Büttner (zweite Reihe, zweite Spalte). Der hatte Laut Bericht der örtlichen Tageszeitung sein Mandat im Mai 2024 aufgegeben und seinen Parteiaustritt erklärt. Fraktion und Partei waren ihm angeblich zu rechts. Dass er immer noch mit Bild als Fraktionsmitglied vorgestellt wird, stört anscheinend niemanden.

Possierlich: Drei weitere auf der Website gezeigte Männer sind in der neuen Fraktion auch nicht mehr dabei (im Screenshot gestrichen). Auch in diesen Fällen stört sich offenbar niemand daran, dass Leute als Volksvertreter ausgegeben werden, die niemanden mehr vertreten.

Und es kommt noch schlechter:

Nach der Kommunalwahl 2024 zählte die Fraktion zwölf Männer und eine Frau, also 13 Stadträte. Bereits nach wenigen Wochen waren zwei Stadträte, darunter die einzige Frau, aus der Fraktion ausgetreten. Da waren es (und sind bislang) noch elf.

Wäre die 13er-Fraktion noch sichtbar, man könnte es ja noch verstehen. Angesichts des Getöses, das die Blaunen um ihren jüngsten aber offenbar nicht sonderlich nachhaltigen Wahlerfolg als stärkste Fraktion gemacht hatten (jetzt liegen sie gemessen an der Anzahl der Stadträte gleichauf mit der CDU), immer noch eine rettungslos veraltete Fraktionszusammensetzung zu präsentieren, grenzt aber an Wähler:innentäuschung mittels Verschweigen von Tatsachen. Ersparen sich die Blaunen die Mühe, ihre aktuelle Fraktion vorzustellen, weil sie mit weiteren Austritten rechnen?

Aktuelles: Nach 2222 kam 2022 – dann nichts mehr

Seit 2022 sind die Blaunen überaktuell. Sie sprachen mit Bügerinnen und Bürgern des Jahres 2222 (Kasten Mitte).

Ganz so sehr der Zukunft zugewandt wollten zumindest die beiden blauen MdL (w) wohl doch nicht sein.

Sie retteten sich in den deutschen Wald des Jahres 2022. Da pflanzte man Bäume zur Rettung des desselben. Augenscheinlich war die Pflanzaktion anstrengend. Stand 04. Januar 2025 verzeichnet die Website unter dem Stichwort „Aktuelles“ nach dem 16. November 2022 nichts mehr.

Veranstaltungen: Lieber unter sich?

Vielleicht, so mag man vermuten, fühlen sich die Blaunen im „normalen“ Internet und damit außerhalb ihrer Social-Media-Blase auch nicht zuhause. Auf Websites kann ja jede:r zugreifen. Der Zugang zu eigenen Social-Media-Gruppen lässt sich kontrollieren. Kritiker:innen bleiben dann halt draußen.

Zugangskontrolle bei Veranstaltungen ist schon schwieriger. Wie unlängst in einer Gaststätte in Roßlau: Da freuten sich Mandatsträger:innen aus Stadt und Land darüber, dass niemand von den angeblichen „System-Medien“ gekommen sei und man „unter sich“ unverhohlen schimpfen könne.

DeRoPolis stand derweil teils grinsend, zuweilen nur noch staunend ganz offen im Saal und notierte geflissentlich mit. DeRoPolis zählt mithin nicht zu den nach Blaunen-Lesart verlogenen „System-Medien“. DeRoPolis sagt also die Wahrheit. Das lassen wir mal so stehen.

Kurz: Nachdem im Februar 2022 ein „Spaziergang durch Dessau“ auf dem Programm stand, brachten die Blaunen im Dezember 2022 noch eine „Kundgebung auf dem Schlossplatz“ zustande. Danach hatte es sich augenscheinlich öffentlich ausveranstaltet.

Bei Steck-Aktion stecken geblieben – im Jahr 2022

„Nadine Koppehel, Margret Wendt und Chris Büchner steckten unsere Fraktionszeitungen und die Flyer der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau.“ (Originalzitat, zweiter güllegrüner Kasten von unten.) Wohin (sich?) die blaunen Herrschaften die Dinge im August 2022 steckten, ist nicht bekannt…

„Aktionen“ jüngeren Datums sind auf der Website nicht zu finden.

Fazit: Ein „f“ zu viel

Mit ihrem Netz-Auftritt firmieren die Blaunen in Dessau-Roßlau höchstens als AD – für „Avanti Dilettanti“. Augenscheinlich hat mal jemand, der eine Computertastatur bedienen konnte, schnell eine Website hingeknallt, ein paar Bilder online gestellt und sich dann nie wieder gekümmert. Kann man so machen, ist aber… Mit Transparenz und Information von Bürger:innen und Wähler:innen hat das Ganze jedenfalls wenig zu tun.

Im Impressum der Blaunen-Site heißt es übrigens: „Die Inhalte unserer Seiten wurden mit größter Sorgfalt erstellt.“

Heftige Rüffel für Robert Reck: Stadtrat zu Regenbogenschule und Haushaltssperre

Kernproblem: Kommunikation

Freie und SPD-Fraktion in rhetorischer Hochform, „Bunte“-Stadträt*innen auf der Zinne, die Linke laviert und die CDU glänzt vor allem mit Zurückhaltung. Turbulent verlief die Stadtratssitzung am Mittwoch, 21. September 2023. Hauptthemen: Regenbogenschule und Haushaltssperre. Kernproblem: Die undurchsichtige Kommunikation der Verwaltungsspitze.

Recks Schuljungen-Attitüde

Robert Recks Attitüde erinnerte an die eines trotzigen Schuljungen. Allein seine „Ansicht“, Teile eines Beschlusses des Stadtrates seien rechtswidrig, reiche aus für einen Widerspruch, ließ der Oberbürgermeister wissen. Die vom OB selbst initiierte Machbarkeitsstudie zum Standort der Regenbogenschule tauge nicht als Entscheidungsgrundlage zu einem Standort. In der Luft zerrissen hatte zuvor Hans-Peter Dreibrodt den Widerspruch des OB gegen den vom Rat beschlossenen Standort Bernburger Straße. „Schwer unter der Gürtellinie“ sei Recks Versuch, die Lösung des seit Jahren vor sich hin dämmernden Problems weiter zu verzögern.

Dreibrodt: „Dubiose Varianten“

Sie zaubern ständig weitere dubiose Varianten aus dem Hut“, wetterte der Vorsitzende der Freien Fraktion. „Unerhört und abwegig“ sei zuletzt die „dubiose Variante“ Gropius-Gymnasium gewesen, nahm Dreibrodt rhetorisch Fahrt auf und belehrte Reck über die demokratische Rangordnung: Nicht der Oberbürgermeister sei dem Stadtrat vorgesetzt, sondern „wir sind Ihr Dienstherr“. Reck möge seinen Widerspruch „in der Schublade verschwinden lassen“. Dieser zeige nur, wie wenig Ahnung der Hauptverwaltungsbeamte von Anforderungen an eine Behindertenschule habe. Recks Gesichtsausdruck variierte zwischen angesäuert und belämmert.

Fricke: „Behinderte Kinder gehen nicht shoppen“

Genüsslich zerlegte nach diesem Auftakt SPD-Fraktionsvorsitzender Michael Fricke die rechtliche Begründung des Oberbürgermeisters für seinen Widerspruch gegen den Beschluss zur Bernburger Straße. Nicht ohne zuvor Recks politische Begründung für den bisherigen Standort der Schule in der Nordstadt einzuordnen. Recks Ansinnen, mit dem Erhalt des bisherigen Schulstandorts die Innenstadt zu beleben, charakterisierte Fricke als Farce: „Behinderte Kinder gehen nicht in der Innenstadt shoppen.

Die für den Fall des Erhaltes des Schulstandortes in der Nordstadt notwendige Interimsunterbringung der Schulräume für zwei bis drei Jahre in improvisierten Räumen betrachte Reck wohl nur als eine Phase, mutmaßte der SPD-Mann. „Für Kinder ist das aber eine ziemlich lange Zeit.“ Reck hatte bei seinen Vorschlägen eine solche Zwischenunterbringung ebenso als quasi technisches Problem dargestellt wie die in seinen Augen zu großzügig bemessenen Klassenräume der bisherigen Planungen.

Laut Fricke haben erneute Prüfungen eines Architektenbüros die Notwendigkeit der bislang vorgesehenen Raumgrößen bestätigt. Wie DeRoPolis berichtete, fußten die geplanten Raumgrößen auf Vorgaben der Schulleitung und waren laut vorliegender Machbarkeitsstudie vom Landesschulamt abgesegnet worden. Der OB möge dies und den „gut begründeten Beschluss des Stadtrates“ akzeptieren, anstatt nicht haltbare rechtliche Vorbehalte vorzuschieben. Dann legte der Jurist – Fricke ist Rechtsanwalt – los:

Ermessensspielraum der Stadt

Der von Reck für seinen Widerspruch bemühte Paragraf 11 Absatz 2 der Kommunalen Haushaltsverordnung sei auf Standortentscheidungen für Bauvorhaben überhaupt nicht anwendbar, referierte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Der Paragraf schreibt für „Investitionen und Instandsetzungen“ vor, dass ein „Wirtschaftlichkeitsvergleich“ stattfinden muss. Gleiches gelte für Paragraf 98 des Kommunalverfassungsgesetzes; diese Norm definiert „Allgemeine Haushaltsgrundsätze“ gemäß denen „Sparsamkeit“ geboten ist. Beide Regelungen beziehen sich laut Fricke auf Wirtschaftlichkeitsaspekte und seien Standortentscheidungen nachgeordnet. Sprich: Erst nach der Festlegung des Standortes erfolge die Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens.

Grundsätzlich habe die Kommune also „weiten Ermessensspielraum“, bevor die Kommunalaufsicht überhaupt zum Zuge komme, argumentierte der Jurist von der SPD. Diverse Urteile von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten bestätigten diese Sicht. Die „feststehende Rechtsprechung“ eröffne den Kommunen weiten politischen Spielraum. Diesen wolle der Stadtrat nicht zuletzt dafür nutzen, mit dem Standort Bernburger Straße die Entwicklung des Quartiers Leipziger Straße voran zu bringen.

Bernburger kostenneutral

Da zudem das Baudezernat die Option Bernburger Straße als günstigste Variante ausgewiesen habe und positive Effekte hinsichtlich der Quartierentwicklung berücksichtigt werden müssten, bewerte die SPD die Bernburger Straße als Option, das Quartier weitestgehend kostenneutral zu entwickeln. Beiseite wischte Fricke den Verweis auf die über die Lebenszeit eines Objekts gerechneten Folgekosten; eine solche Betrachtung hätte fast alle Bauvorhaben der Vergangenheit blockiert. Fazit der SPD: Der Beschluss Bernburger Straße sei „rechtlich möglich und politisch geboten“.

Für Ralf Schönemann von der LINKEN und CDU-Mann Eiko Adamek blieben nach diesen Vorträgen nur noch Statistenrollen: Ersterer sah Kompromissmöglichkeiten verspielt, Adamek verwies auf die seit Jahren bestehende Notwendigkeit einer Lösung. Beide sprachen sich im Namen ihrer Fraktionen für die Bernburger Straße aus.

„Überlegung“ zu Gropius-Gymnasium

So kam die Reihe der Redner an OB Robert Reck. Seinem in einen ziemlich tiefen politischen Brunnen gefallenen Widerspruch wollte er wohl einen Rettungsring hinterherwerfen – allein: derselbe entpuppte sich als reichlich luftleer. Sein von Dreibrodt kritisierter Vorschlag Gropius-Gymnasium sei gar kein solcher gewesen, haspelte Reck los. Es habe sich lediglich um eine „Überlegung“ gehandelt. Dieselbe als Vorschlag zu werten, sei „unredlich“, fühlte er sich missverstanden.

Der Standort Bernburger Straße sei nach seiner Berechnung der teuerste, führte Reck anhand zahlreicher und nicht immer leicht durchschaubarer Zahlenreihen aus. Quintessenz: Schulbauten anderer Kommunen seien kostengünstiger. Dass die Kosten für die von Reck zum Vergleich angeführte Panke Schule in Berlin bei kleinerem Flächenbedarf letztlich höher waren, als für einen Neubau an der Bernburger Straße veranschlagt (DeRoPolis berichtete), war ihm wohl ebenso entgangen wie die Tatsache, dass weder dort noch an der ebenfalls angeführten Albert-Schweitzer-Schule in Schwerin Schüler*innen in speziellen Betten liegend unterrichtet werden (die Schweriner Schule errichtet an der dortigen Adresse „Müßer Berg“ einen Neubau).

Irrelevante Studie?

Unbeholfen wirkten Recks Bemühungen, die vorliegende Machbarkeitsstudie als irrelevant für die Entscheidungsfindung darzustellen. Die Studie habe die Bernburger Straße betrachtet, obwohl dieser Standort überhaupt nie zur Diskussion gestanden habe. Schon im April habe er, Reck, verlauten lassen, die Studie sei als Beschlussgrundlage nicht geeignet. Die enthaltenen Kostenbetrachtungen seien unvollständig. Er habe schon damals um mehr Bedenkzeit gebeten.

Grabner: „In Aktion kommen!“

Was Reck mit seinen Ausführungen eigentlich erreichen wollte, blieb im Ungefähren. Irgendwie schien sich der Hauptverwaltungsbeamte von dem unter seiner Ägide beauftragten und erarbeiteten Papier distanzieren zu wollen. Womit er Isolde Grabner auf die sprichwörtliche Zinne jagte. „Sie zerrupfen ihre eigene Machbarkeitsstudie“, schimpfte die Stadträtin, die für Neues Forum-Bürgerliste der „Bunten“ Fraktion angehört. Reck müsse die Studie doch zig Mal auf dem Schreibtisch gehabt haben. Anstatt nun so zu tun, als habe er von nichts gewusst, möge er „dem Beschluss des Stadtrates Folge leisten und in Aktion kommen“.

Recks nunmehr endgültig weinerlich anmutende Erwiderung: Grabner könne gar nicht wissen, wann und wie oft er die Studie auf dem Schreibtisch gehabt habe. Dort lägen ja nun noch viel mehr Vorgänge. Schließlich sei er Oberbürgermeister einer 80.000- Einwohner-Stadt und habe als solcher noch andere Dinge zu tun.

Schönemann: „Lieber selber machen“

Linken-Fraktionschef Ralf Schönemann gab zwischendurch eine Verschwörungstheorie zum Besten. Auswärtige Architekturbüros, von denen Leistungen wie Machbarkeitsstudien eingekauft werden, seien ja oft mit ortsfremden Bauunternehmen verbandelt. Man müsse sich also nicht wundern, wenn der Auftrag zum Bau der neuen Schule nicht in Dessau-Roßlau bleibe.

Die Verwaltung solle entsprechende Gutachten lieber selbst erstellen und sich dafür mehr Zeit nehmen, forderte Schönemann. Diese Möglichkeit sei nun nicht mehr gegeben lavierte er herum, um schließlich das Ja der Linken zur Bernburger Straße zu verkünden. Die chronische Unterbesetzung des Bauressorts mit Ingenieuren dürfte dem Linken ebenso geläufig sein wie die bislang in dieser Angelegenheit ungenutzt verstrichenen Jahre. Schönemanns Recycling-Unternehmen verdient nicht zuletzt mit Bauschuttentsorgung.

Der Stadtrat hat seinen Beschluss, die neue Regenbogenschule an der Bernburger Straße anzusiedeln, mit großer Mehrheit erneuert.

Haushaltssperre laut Empfehlung

Vor dieser denkwürdigen Auseinandersetzung für erhitzte Gemüter gesorgt hatte das Aufreger-Thema Haushaltssperre. Gleich zu Beginn der Sitzung hatte Hauptverwaltungsbeamter Reck seine Gründe für die Verhängung der Sperre angeführt. Zusammengefasst: Er ist der entsprechenden Empfehlung der Stadtkämmerei gefolgt. Die habe vor einem Defizit von 25,4 Millionen Euro im laufenden Jahr und 9,4 Millionen Euro Unterdeckung bis 2026 gewarnt. Die späte Bekanntgabe respektive Information des Stadtrates und seiner Ausschüsse sei aufgrund eines Termins in der Staatskanzlei in Magdeburg zustande gekommen. Diesen Termin habe Reck prioritär wahrnehmen müssen. Informell seien aber Mitglieder des Stadtrates informiert gewesen. Dieses Vorgehen sei üblich.

Weber: „Unanständig!“

Henrik Weber, für Neues Forum-Bürgerliste Stadtrat der „Bunten“ Fraktion und ähnlich dem Bundeskanzler derzeit auf einem Auge gehandicapt aber deutlich temperamentvoller unterwegs, schäumte: „Ohne Not und Kommunikation“ habe Reck die Sperre „über Beschlüsse des Stadtrates hinweg“ verhängt. „Unanständig“ lautete sein Urteil. Der Vollzug des Haushaltes sei weit von 25 Millionen Defizit entfernt.

Fricke: „Unzulässig.“

Rechtlich unzulässig.“ In verbindlicherem Tonfall als Weber aber mit gleichermaßen kerniger Aussage ordnete der rechtsgelehrte SPD-Mann Fricke die Haushaltssperre ein und zog das Gesetz zurate. Demnach sei die Sperre unzulässig weil der Haushalt derzeit wie geplant und beschlossen vollzogen werde. Nur ein aktuell nicht ausgeglichener Haushalt hätte eine Sperre gerechtfertigt. Der derzeitige Haushalt bewege sich aber „im hellgrünen Bereich“.

Eine unverhohlene Drohung sandte den Chef der „Bunten“ Fraktion, Guido Fackiner, an die Adresse Recks: Dessen Informationen sowie seine Begründung der Sperre enthielten „ein buntes Gemisch aus Fakten, die teils nicht relevant sind“. Fackiner forderte die zeitnahe Vorlage eines klaren Zahlenwerks. Erfolge das nicht, wolle die Fraktion die Initiative ergreifen, die Haushaltssperre einzuschränken.

Überforderter HVB

Was bleibt ist der Eindruck eines hinsichtlich politischer Transparenz und Kommunikation restlos überforderten Hauptverwaltungsbeamten. Dessen Wurschtelei geht offenbar dem Stadtrat und anscheinend auch Menschen in höheren Positionen der städtischen Verwaltung gehörig auf die Nerven.

Eis wächst, Hirn schmilzt – AfD-Propaganda mit amtlichem Segen

Mrosek, Eis und Klimawandel – Propaganda, Stadt und Verantwortung – Wachsendes Eis, schmelzender Verstand

Die Blaunen, von denen hier die Schreibe ist, sind jene Partei, die im Logo an der Farbe Blau und hinsichtlich ihrer politischen Ausrichtung an einer an Erdtöne erinnernden Farbe zu erkennen ist.

Das Amtsblatt der Stadt Dessau-Roßlau, auf das sich dieser Beitrag bezieht, finden Sie in Ihrem Briefkasten oder online – einfach per Suchmaschine nach Amtsblatt und Ort suchen.

Die Blaune Partei ist lernfähig. Zumindest in Dessau-Roßlau. Solch eine Feststellung hätten Sie, werte Leser*innen nicht auf diesem Blog erwartet? Nun, wir müssen ja nicht nur den Tatsachen in die Pupille blicken, sondern neben gutem Willen auch pädagogische Grundsätze berücksichtigen. Und die besagen nun einmal, jeder Kritik sollte ein Lob vorgeschaltet werden. Schon wegen der Erwartungshaltung der Angesprochenen. Die soll quasi geöffnet werden, um der Erkenntnis den Weg zu bahnen. Das gilt übrigens nicht nur für die Blaunen-Beiträge im städtischen Amtsblatt, sondern auch für dessen Herausgeberin, die Stadtverwaltung. Dazu später mehr.

Die Erde ist rund!

Worin also besteht der Erkenntniszuwachs bei den Blaunen, namentlich bei ihrem örtlichen Führer, dem Vorsitzenden der Blaunen Stadtratsfraktion Andreas Mrosek? (*Trommelwirbel*)

Die Erde ist rund! Der gelernte Nautiker Mrosek – alias Käpt’n Blaunbär – hat erkannt: Die Erde ist ein Ball. Wer nach Süden fährt und die Reise lange genug geradeaus fortsetzt, kommt sozusagen mit kleinem Umweg irgendwann am Nordpol an. Nun gilt es nur noch, an Feinheiten zu feilen. Im vorliegenden Fall an der Vorsilbe „Ant-“. Die wechselt nämlich auch bei einer in Richtung Süden beginnenden und in der Arktis endenden Erdumrundung weder Bedeutung noch Polkappe.

Nordpol? Südpol? Hauptsache Eis.

Bitte was? Nun ja, wir müssen uns wohl kurz in eine von alternativen Fakten geprägte Gedankenwelt versetzen: Getreu dem Motto „egal, ob Nord oder Süd, Hauptsache Eis“ zitiert Mrosek in der August-Ausgabe des örtlichen Amtsblatts eine Studie der European Geosciences Union (EGU). Sie belege, dass es den Klimawandel nicht gebe. Angeblicher Beweis: Die Fläche des arktischen Eises (also am Nordpol) sei seit 2009 um 5.305 Quadratkilometer gewachsen und habe 661 Gigatonnen Masse zugelegt, schreibt Mrosek.

Das ist Nonsens. Die EGU hatte die Eismassen der Antarktis (Südpol) untersucht. Zwar stimmen die von Mrosek zitierten Zahlenangaben zu Wachstum von Masse und Fläche des Eises. Die geografische Zuordnung ist jedoch ebenso falsch wie der vom blaunen Unterführer konstruierte Zusammenhang zur angeblich nicht vorhandenen Erderwärmung. Die Behauptung, die Studie widerlege den Klimawandel, ist reine Fantasie. Was aber stimmt?

Kalbende gletscher

Auf der frei zugänglichen Wissenschaftswebsite „copernicus.org“ stellt die EGU eine Studie vor, die die wissenschaftliche Methodik zur Messung und Bewertung des Abbruchverhaltens antarktischer Eismassen untersucht. Hintergrund: Von polarem Eis (egal ob am Nord- oder Südpol) abbrechende Eisberge (Glaziologen sprechen vom Kalben der Gletscher) schmelzen relativ schnell ab und tragen zum Steigen der globalen Meerespegel bei. Wichtigste Erkenntnis der Forscher*innen: Um valide Aussagen über den langfristigen Einfluss des Kalbungsverhalten treffen zu können, müssen bislang kaum berücksichtigte Daten aus der Beobachtung der Pole per Satellit ausgewertet und in neue Berechnungsmodelle übertragen werden.

Für den Zeitraum 2009 bis 2019 haben die Forscher*innen entsprechende Daten zur Entwicklung des gesamten antarktischen Eisschildes ausgewertet. Eine laut Studie neue Methode. Üblich sei bislang die Betrachtung einzelner, regionaler Eisplatten. 34 Eisschelfe wurden binnen der zehn Jahre untersucht. Allein 2017 seien 5.917 Quadratkilometer Eis bei einer einzigen Kalbung des Larsen-C-Schelfs im Weddel-Meer abgebrochen. Der entstandene und seither abschmelzende Eisberg war doppelt so groß wie das Saarland. Zahlreiche Medien berichteten auch in Deutschland über das Ereignis.

Gelegenheit macht Eisberge

Insgesamt allerdings seien Masse und Fläche des gesamten antarktischen Eises im fraglichen Zeitraum tatsächlich um die oben genannten Werte gewachsen.

Betrachten wir diese Entwicklung mit ein bisschen Logik und Grundkenntnissen aus dem Matheunterricht der Mittelstufe: Wächst eine Fläche, vergrößert sich ihr Umfang. Mit dem Flächenwachstum des antarktischen Eispanzers geht die Vergrößerung seines Umfangs einher. Ergo verlängert sich die Eisküste, von der Eisberge abbrechen können. Die Wahrscheinlichkeit wächst, dass Schelfe kalben und riesige Eismassen immer schneller abtauen. Vor allem in der Westantarktistark. Die dortigen Seegebiete erwärmen sich besonders rasant. Grund sind offenbar Tiefenströmungen im Meer. Diese Erwärmung haben Wissenschaftler*innen des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung schon 2014 nachgewiesen und betrachten sie als Folge des Klimawandels. Gerade die kurzfristig gewachsende Eisfläche erhöht also den Abschmelzbeitrag zum steigenden Meeresspiegel. Gelegenheit macht Eisberge. Nach 2019 erhobene Daten belegen die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung.

2023: Spektakulärer Verlust an Eis

Keine einzige Silbe der EGU-Forscher*innen legt nahe, die binnen zehn Jahren gemessene Zunahme der gesamten antarktischen Eismasse widerlege den Klimawandel. Dafür wäre der Betrachtungszeitraum viel zu kurz. Globale Entwicklungen spielen sich nicht binnen eines willkürlich gewählten Jahrzehnts ab. Deshalb schlägt die Studie vor, die vorgestellte wissenschaftliche Methodik auf längere Zeiträume anzuwenden und dafür ältere Daten aus der Satellitenbeobachtung auszuwerten.

2022 wich die Eismasse in der Antarktis bereits erheblich vom Durchschnittswert ab – nach unten. Der Eispanzer war merklich geschrumpft. Seit Mitte Mai 2023 ist im Vergleich zum Mittelwert früherer Jahrzehnte um ein Vielfaches weniger Eis in der Arktis vorhanden – und der Trend setzt sich ausweislich jüngster Daten immer schneller fort. „Spektakulär“ und „beunruhigend“ findet das der Bremer Professor für Meereseisphysik Christian Haas laut jüngster Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung. Ein Zusammenhang zum Klimawandel sei nicht auszuschließen.

Käpt’n Blaunbärs Eisbärenfell

Käpt’n Blaunbärs (Mrosek ist Nautiker) angeblich wissenschaftlich fundierte Behauptung, das offenbar nur temporäre Wachstum des Eisschildes widerlege den Klimawandel, ist sozusagen am Eisbärenfell herbeigezogen. Wobei: Eisbären leben in der Arktis. In der Antarktis gibt es Pinguine.

Am Rande: Mrosek war nach eigenen Angaben von 1989 bis 1995 „auf verschiedenen Seeschiffen“ mit „Verantwortung“ eingesetzt. Von 2007 bis 2016 war er Kanalsteuerer (eine Art Lotse) auf dem Nord-Ostsee-Kanal). Das war wohl auch besser, denn auf dem Kanal musste er nur zwischen West und Ost navigieren. Mit der Unterscheidung zwischen Nord und Süd hat er ja offenbar Schwierigkeiten.

Erst abgelehnt, dann veröffentlicht

Anlass für die Publikation von Mroseks August-Einlassungen zum angeblichen Beweis des Nichtvorhandenseins des Klimawandels ist ausgerechnet die Ablehnung eines entsprechenden Beitrags für die Juli-Ausgabe des Amtsblatts: Die Stadtverwaltung hatte die Veröffentlichung mit dem Hinweis verweigert, das Thema habe keinen Bezug zu Dessau-Roßlau.

Im August hat sich die Stadt dann offenbar der Behauptung des selbst ernannten Schonungslosen Aufklärers (abgekürzt: SA) Mrosek geschlagen gegeben, der Artikel sei als „Hinweis“ für den städtischen Klimabeauftragten gedacht und habe deshalb einen Bezug zur lokalen Politik – und hat den Blödsinn veröffentlicht. Dabei haben sich weder lokale Relevanz noch sachliche Fehlerhaftigkeit der blaunen Propaganda verändert.

Amtliche Verantwortungslosigkeit

„Für die sachliche und fachliche Richtigkeit aller Angaben auf den Fraktionsseiten übernimmt die Stadtverwaltung als Herausgeberin des Amtsblattes inhaltlich keine Gewähr“, heißt es unverdrossen und jenseits der Regelungen des Presserechts in der Unterzeile zu den Fraktionsseiten. Die Stadt lehnt mithin alle Verantwortung für zusammenfantasierte Propaganda ab. Sie publiziert verantwortungslos.

Gleiches gilt für die übrigen Fraktionen im Stadtrat: Im geltenden sogenannten Redaktionsstatut (Beschluss des Stadtrates aus Oktober 2019) heißt es, „dass Beiträge für die Fraktionsseiten dann nicht veröffentlicht werden, wenn sie offenbar unwahr sind (…)“. Es ward aufgeschrieben und augenscheinlich vergessen. Wie viel Schwachsinn soll denn Bürgerinnen und Bürgern noch mit quasi amtlichem Segen untergejubelt werden, bis in Verwaltung oder Stadtrat jemand aufwacht? Bei den einen wächst das Eis, bei anderen schmilzt der Verstand.

Alles, was Amt ist: das Amtsblatt und das Presserecht

Presserecht, Amtsblatt und ein genervter Präsident

Er war genervt, der Herr Stadtratspräsident Frank Rumpf. Augenscheinlich ging ihm die Frage auf die Nerven: Wie es denn um das Presserecht beim städtischen Amtsblatt stehe, wollte DeRoPolis im Rahmen einer Einwohnerfrage an den Stadtrat wissen. Gestellt am 05. Juli 2023.

Nun ist es mit dem Recht so eine Sache. Wer präzise sein will, muss zuweilen ins Detail gehen. Und das dauert zuweilen läger als drei Minuten. Drei Minuten hat jede*r Einwohner*in der Stadt Dessau-Roßlau, um sich in der Einwohnerfragestunde zu Wort zu melden. Sagt Paragraf 6 der „Geschäftsordnung für den Stadtrat und seine Ausschüsse“.

zu viel des Rechts?

Naja, vielleicht hatte der Stadtratspräsident in seiner unzweifelhaften Weisheit erstens bereits das Anliegen des zweiten Fragestellers des Tages vorausgeahnt (der hatte die Versammlung gefühlt wesentlich länger, dafür aber wenig konkret beschäftigt), vielleicht war es ihm, Rumpf, des Rechts auch einfach zu viel.

Das wäre nichts wirklich Neues, schließlich hat der gute Mann auch jahrelang „Aufwandsentschädigung“ (740 Euro) sowie „Verdienstausfall“ (1.280 Euro) für seine Tätigkeit als ‚ehrenamtlicher Referatsleiter‘ im Ortsteil Rodleben kassiert (laut Berichterstattung des MDR vom 08. Dezember 2022). Interessierte aber jahrelang auch nicht. Vor allem nicht den Herrn Präsidenten. Und dann wundert sich seine Partei… Doch wir schweifen ab.

Sechs Wochen, zwei Ausgaben

Zurück also zur Frage. Dieselbe hat DeRoPolis bereits am 14. Mai 2023 per E-Mail an die Verwaltung gestellt. Am 23. Mai bestätigte die Verwaltung den Eingang der Frage mit der Zusage, diese „baldigst zu beantworten“. Das ist mehr als vier Wochen und zwei Ausgaben des Amtsblatts her. Und dieses Amtsblatt erscheint nach wie vor in einer – nun sagen wir, presserechtlichen Grauzone.

In den Pressegesetzen der Länder sind Verantwortlichkeiten für die Inhalte einer Publikation definiert. In Sachen-Anhalt ist Pragaraf 7 einschlägig, der behandelt das Impressum. Für redaktionell gestaltete Websites wie DeRoPolis gilt übrigens ähnliches: Schlag nach unter Medienstaatsvertrag Paragraf 18.

Pressegesetz für das land Sachsen-Anhalt

Im besagten Paragrafen im Pressegesetz des Landes Sachsen-Anhalt heißt es in Paragraf 7:

„(1) (…)

(2) Auf den periodischen Druckwerken sind ferner Name und Geschäftsanschrift des verantwortlichen Redakteurs anzugeben. Sind mehrere Redakteure verantwortlich, so muss das Impressum die in Satz 1 geforderten Angaben für jeden von ihnen enthalten. Hierbei ist kenntlich zu machen, für welchen Teil oder sachlichen Bereich des Druckwerks jeder einzelne verantwortlich ist. Für den Anzeigenteil ist ein Verantwortlicher zu benennen; für diesen gelten die Vorschriften über den verantwortlichen Redakteur entsprechend.

(3) (…).“

Ergänzend definiert Paragraf 12 desselben Gesetzes die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Impressum genannten Personen.

Blöd nur, dass im Amtsblatt der Stadt Dessau-Roßlau genau eine (in Ziffern: 1) Person als Redakteurin aufgeführt ist. Den Namen der armen Sachbearbeiterin lassen wir an dieser Stelle mal beiseite. Arm deshalb, weil die Dame laut Gesetz für jeden Käse in der Publikation verantwortlich ist. Und damit auch für Unwahrheiten, welche auf den so genannten Fraktionsseiten im Amtsblatt verbreitet werden (siehe frühere Berichterstattung auf DeRoPolis, insbesondere zur „Partei der Verfälscher“).

Pfiffig statt Rechtskonform?

Nun übertreffen sich aber Dessau-Roßlauer Verwaltung und Stadtrat geradezu an Pfiffigkeit. Nicht anders ist die die jeweiligen Fraktionsseiten ergänzende Fußzeile in einem jeden Amtsblatt zu interpretieren, in der es heißt:

„Für die sachliche und fachliche Richtigkeit aller Angaben auf den Fraktionsseiten übernimmt die Stadtverwaltung als Herausgeberin des Amtsblattes inhaltlich keine Gewähr und behält sich gegebenenfalls die Möglichkeit zur Richtigstellung vor.“

Ja nee, is‘ klar: Verantwortlich ist die Verwaltung nicht, korrigiert aber gegebenenfalls. Wie bitte? Mal abgesehen vom der Aussage immanenten Widerspruch – würde die Verwaltung allen Ernstes die politischen (oder wenigstens politisch gemeinten) Aussagen der Fraktionen vor Veröffentlichung korrigieren, stünde der Vorwurf der (Vor-)Zensur mindestens im Raum.

Statut ist kein Recht

Und für die ganz fürchterlich Pfiffigen, die nun auf das so genannte Redaktionsstatut verweisen, das der Stadtrat beschlossen hat: Das ist nett aber sinnfrei. Mal abgesehen davon, dass Redaktionsstatuten im Regelfall die Freiheit der Redaktion von verlegerischer Einflussnahme sichern und insofern lediglich arbeitsrechtlich relevant sind, begründet ein Stadtratsbeschluss nun einmal kein geltendes Recht.

Das so genannte Redaktionsstatut des Amtsblattes der Stadt Dessau-Roßlau kann mit gutem Willen als Absichtserklärung gewertet werden, das Amtsblatt von ehrverletzenden Äußerungen frei zu halten. Dazu braucht es aber kein Statut, sondern klare presse- und strafrechtliche Verantwortlichkeiten. Wäre also für die Fraktionsseite der Blaunen (nur ein zufälliges Beispiel) ein*e Vertreter*in dieser Partei namentlich im Impressum benannt (was ebenso rechtskonfrom wäre wie jede*r andere Vertreter*in jeder anderen Partei als Verantwortliche*r für die jeweiligen Seiten), stünde die jeweilige Person eben auch für den Inhalt der jeweiligen Seiten gerade. Eigentlich sehr einfach.

Schlauer sterben

Nun möchte der Autor dieser Zeilen weder dümmer sterben, als er geboren wurde, noch möchte er seine Leser*innenschaft ohne presserechtliche Erleuchtung in die ewigen Jagdgründe oder wohin auch immer eingehen lassen. Deshalb lautete die erwähnte an die Verwaltung gesandte und im Stadtrat gestellte Einwohnerfrage wie folgt:

„1.a. Zählen die Fraktionsseiten zum amtlichen oder nichtamtlichen Teil des Amtsblattes?

1.b. Ist die genannte Redakteurin aus Sicht der Verwaltung für den Inhalt aller Teile des Amtsblattes inklusive des Anzeigenteils und der Fraktionsseiten auch im Sinne des Strafrechts verantwortlich?

2.a. Inwiefern ist die Ablehnung jeglicher Gewähr für Inhalte auf den Fraktionsseiten mit dem Korrekturvorbehalt vereinbar?

2.b. Was ist mit „Richtigstellung“ gemeint?

2.c. Inwiefern ist der in der Fußzeile angesprochene Vorbehalt zur Richtigstellung mit dem Verbot des Eingriffs staatlicher / öffentlicher Stellen in in periodisch erscheinenden Presseerzeugnissen veröffentlichen Meinungsäußerungen (Vorzensur, GG ) vereinbar? Welche Grundlagen in Gesetzen oder Verwaltungsvorschriften liegen Ihrer Beurteilung zugrunde?

2.d. Inwiefern hat die Formulierung in den Fußzeilen der Fraktionsseiten presserechtliche und gegebenenfalls strafrechtliche Relevanz und welche Grundlagen in Gesetzen oder Verwaltungsvorschriften liegen dem zu Grunde?“

Vorläufige Antwort seitens Verwaltung und Stadtrat: Schweigen. Das Pressegesetz des Landes Sachsen-Anhalt in gültiger Fassung ist amtlich bekannt gemacht worden am 02. Mai 2013. Regeln der Aussagelogik (vergleiche dazu besagte Fußzeile auf den Fraktionsseiten im Amtsblatt) sind schon ein paar Jahrhunderte älter.

Eigentlich nichts neues – eigentlich…

Nur mal so am Rande: In gefühlt dreiundzwölfzighundert Publikationen inklusive Amtsblätter in dieser Republik funktioniert das ganz einfach: Für den Anzeigenteil sowie den – im Falle amtlicher Veröffentlichungen – amtlichen Teil wird jeweils eine verantwortliche Person im Impressum benannt. Zudem kann für jeden Teil einer Publikation gesondert eine verantwortliche Person benannt werden (Pressegesetz Sachsen-Anhalt, Paragraf 7, Absatz 2, Satz 2). Damit wäre dann beispielsweise die Blaune Fraktion selbst für ihre wahrheitswidrig verfälschende Darstellung der Inhalte amtlicher Mitteilungen verantwortlich.

DeRoPolis wird über Antwort der Stadt Dessau-Roßlau sowie Reaktionen der Fraktionen (dieselben haben wir via Mail auf diese freundliche Argumentationshilfe aufmerksam gemacht) berichten.