Richtigstellung

vom 15. Juli 2023 zum u.g. Beitrag vom 28. Juni 2023 in Bezug auf die Wohungsgenossenschaft Dessau eG:

Wir haben auf dieser Website unter der Überschrift „Robert Reck gegen den Stadtrat: Interessen im Streit um Regenbogenschule“ geschrieben:

„(…) um PLatz für einen Schulneubau zu schaffen, müsste dort (…) ein Wohnblock (…) der Wohnungsbaugesellschaft Dessau (WGD) [abgerissen werden]. Sowohl (…) als auch WGD kämpfen mit dem Problem Leerstand. In vielen alten Wohnblöcken Unternehmen dieser Unternehmen sind nur wenige Wohneinheiten vermietet.“

Hierzu stellen wir richtig:

Es muss kein Wohnobjekt der Wohnungsbaugenossenschaft Dessau (WGD) abgerissen werden, um Platz für einen Schulneubau am Standort Friedrikenstraße zu schaffen.

Die WGD kämpft auch nicht mit Leerstand. Es ist unzutreffend, dass in vielen älteren Wohnblöcken der WDG nur wenige Wohneinheiten vermietet wären.

Ende der Richtigstellung

Robert Reck gegen den Stadtrat: Interessen im Streit um Regenbogenschule – Update vom 08. Juli 2023 mit Korrekturen

Welche Interessen stecken hinter dem Widerspruch des OB?

Regenbogenschule und Monopoly. Eine Schule für geistig behinderte Kinder und ein Gesellschaftsspiel. Die Schule braucht dringend einen neuen Standort, im Spiel geht es um Profit mit Immobiliengeschäften. Wer im Spiel auf dem Feld „Gehe in das Gefängnis“ landet oder die entsprechende Ereigniskarte zieht, setzt erst einmal aus.

Konflikt statt Konsens: Undurchsichtige Motivation

Der Zusammenhang: In Dessau-Roßlau will Oberbürgermeister Robert Reck die Aussetz-Karte ziehen. Nicht für sich, sondern für den Stadtrat. Nicht in einem Spiel, sondern in der Debatte um den neuen Standort der Regenbogenschule. Dabei geht es auch um Immoblilien. Und wohl auch um Profitinteressen. Denn wenn Reck sich durchsetzt, profitieren mutmaßlich Dessauer Wohnungsbauunternehmen. Der Preis für den Profit: Behinderte Mädchen und Jungen müssten mit ihren Familien noch länger auf eine angemessene Schule warten, würden noch länger als schon jetzt absehbar am bisherigen Standort in der Breite Straße in Containern unterrichtet. Dröseln wir die Sachlage mal auf, schauen uns die „Player“ an in diesem bislang reichlich undurchsichtigem Spiel und leiten Indizien für die Motivation des Handelns des OB ab.

Rückblende: Ursprünglich wurden acht Standorte für einen Neubau der Regenbogenschule in Betracht gezogen. Übrig blieben letztlich drei, darunter der Standort an der Bernburger Straße. Das dortige Grundstück gehört der Stadt. Moderne Schulgebäude mit Spiel- und Auffenthaltsbereichen für Kinder mit hohem Bewegungsdrang können dort relativ einfach angelegt werden. Bestätigt hat das eine 85.000 Euro teure Machbarkeitsstudie.

All das galt als Konsens zwischen Stadtrat, fachlich zuständigen Dezernaten und der Verwaltungsspitze, dem Oberbürgermeister. Bis zur Sitzung des Stadtrates am 21. Juni 2023. Auf der Tagesordnung: Beschlussfassung zum neuen Schulstandort an der Bernburger Straße. „Selten gut vorbereitet“ war der Rat laut entsprechender Äußerungen einzelner seiner Mitglieder. Bis auf rund ein halbes Dutzend stimmten die Stadträtinnen und Stadträte für den Standort. Erst dann zog Robert Reck seine vermeintliche Trumpfkarte: Ein Veto. Der Oberbürgermeister kündigte an, gegen den Beschluss des Stadtrates Widerspruch einzulegen. Dafür hat er 14 Tage Zeit. Binnen dieser Frist muss Reck den Widerspruch mitsamt Begründung schriftlich einreichen.

Rechtswidrig oder nachteilig

Laut Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt muss respektive kann der Oberbürgermeister als Hauptverwaltungsbeamter gegen Beschlüsse des demokratischen Gremiums Stadtrat unter bestimmten Voraussetzungen Widerspruch einlegen. Paragraf 65 des Gesetzes: „Der Hauptverwaltungsbeamte muss Beschlüssen der Vertretung widersprechen, wenn er der Auffassung ist, dass diese rechtswidrig sind. Er kann Beschlüssen widersprechen, wenn diese für die Kommune nachteilig sind.“

Im vorliegenden Fall kommt nur Nachteilig-Regelung infrage. Sie hat lediglich aufschiebende Wirkung. Der Stadtrat kann den Widerspruch des OB mit einem erneuten Beschluss überstimmen. Danach bliebe dem OB nur noch der Verweis auf Rechtswidrigkeit. Er müsste dann die Kommunalaufsicht einschalten. Nicht nur die würde sich wohl wundern, wenn ein mit der Begründung „Nachteil für die Stadt“ eingereichter Widerspruch nachlaufend als angeblich rechtswidrig eingestuft würde. Will sich Reck nicht lächerlich machen, bliebe es beim Vorwurf des Nachteils, den der Rat der Stadt mit dem Beschluss Bernburger Straße einbrocken angeblich würde.

unternehmen wollen wohnblöcke loswerden – Hinweis zu Korrektur im folgenden Absatz!

Wieso aber soll der Schulstandort Bernburger Straße für die Stadt nachteilig sein? Das muss OB Reck in seinem schriftlichen Widerspruch darlegen – und das dürfte schwierig werden. Vorteilhaft wäre der Standort Friederikenstraße ja – allerdings in erster Linie für die Eigentümer der dortigen Wohnobjekte. Denn um Platz für einen Schulneubau zu schaffen, müssten dort Wohnblöcke abgerissen werden.

Nicht nur in Dessau-Roßlau kämpfen große Wohnungsunternehmen mit dem Problem Leerstand. In alten Wohnungsblöcken sind oft nur wenige Wohneinheiten vermietet. Kosten für Instandhaltung und Versorgung leerer Wohnungen machen ganze Blöcke unrentabel. Das Umlegen entsprechender Gesamtkosten auf verbliebene und oft ältere und/oder gesundheitlich eingeschränkte Mieter*innen hat in der Vergangenheit schon öfter für Ärger gesorgt. Rausschmeißen können die Unternehmen die wenigen verbliebenen Mietparteien aber auch nicht so einfach. Das Gesetz sieht nicht nur für langjährige Mieter*innen Kündigungsfristen von bis zu zwölf Monaten vor.

Korrektur früherer Version der Beitrages:

In der früheren, am 28. Juni 2023 veröffentlichten Version des Beitrages, war im vorstehenden Absatz ein sachlicher Fehler enthalten. Dieser Fehler ist mit Aktualisierung vom 08. Juli 2023 entfallen.

Mieterschutz: Jahrelange verfahren

Gerade bei alten und/oder gesundheitlich eingeschränkten Mieter*innen greift zudem Paragraf 574 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die Härtefallregelung. Demnach „kann [der Mieter] der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.“

Kauft die Stadt nun die entsprechenden Wohnblöcke, sind die jeweiligen Eigentümer ihre entsprechenden Probleme auf einen Schlag los. Dann muss die Stadt die entsprechenden Mieter*innen loswerden. Im Falle des DWG-Wohnblocks an der Friederikenstraße sind laut öffentlicher Berichterstattung rund 60 von 160 Wohnungen belegt. Klagen nur einige der Mieter*innen gegen Kündigungen, sind sehr langwierige Gerichtsverfahren absehbar. Die Ergebnisse sind alles andere als voraussehbar. Denn zu den im Gesetz angesprochenen Härten zählt in der Fachliteratur auch eine lange Mietdauer, die mit starker sozialer Verwurzelung im örtlichen Umfeld einhergeht. Eben davon ist gerade bei älteren Mieterinnen und Mietern auszugehen. Die Folge: Der Baubeginn einer neuen Schule verschöbe sich um weitere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.

spontane Intervention oder geplantes gekungel?

All diese Aspekte hätten im Stadtrat trefflich diskutiert und bewertet werden können, wenn OB Reck den von ihm aus dem politischen Hut gezauberten Standort Friederikenstraße frühzeitig als Vorschlag in die Beratungen eingebracht hätte. Hat er aber nicht. Der Fachmann staunt, der Laie wundert sich und spekuliert über die Gründe der Reck’schen Spontaninternvention – die so spontan womöglich gar nicht war.

Auf der Tagesordnung des Ausschusses für Gesundheit, Bildung und Soziales am 14. Juni 2023 stand der „Sachstand zur Standortentscheidung Förderschule für Geistigbehinderte“ zur öffentlichen Beratung. Laut Berichterstattung der örtlichen Presse war die Einordnung des Themas als öffentlich aus Sicht des Stadtratspräsidenten (CDU) ein Versehen. Flugs beantragte CDU-Stadtrat Michael Puttkammer, die Causa nichtöffentlich zu beraten. Er scheiterte mit seinem Antrag.

Scheiterte Überrumpelungs-Taktik aus versehen?

Wieso aber wollte CDU-Mann Puttkammer das Thema nichtöffentlich behandeln? Laut Paragraf 52 Kommunalverfassung „[ist] die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn (…) berechtigte Interessen Einzelner, insbesondere bei (…) der Ausübung des Vorkaufsrechts, Grundstücksangelegenheiten und Vergabeentscheidungen, dies erfordern.“ Dem erfahrenen Stadtrat dürfte diese Regelung geläufig sein. Hat Puttkammer womöglich unter Ausschluss der Öffentlichkeit den bis zu diesem Zeitpunkt nicht angesprochenen Standort Friederikenstraße und den damit verbundenen Kauf des Grundstücks mitsamt der Wohnobjekte behandeln wollen? Für diesen Fall wäre der Paragraf einschlägig gewesen. Dann hätte die CDU die an der Friederikenstraße notwendigen Grundstückskäufe ansprechen und den Rest des Rates damit überrumpen können. Es kam nicht dazu.

Grünfläche und industriegebiet: der WIC interveniert – Hinweis zu Korrektur im folgenden Absatz!

Nur wenige Tage später (Presseberichterstattung am 19. Juni 2023) spricht sich der Wirtschafts- und Industrieclub Anhalt (WIC) öffentlich für den Standort Friederikenstraße aus. Begründung: Für das Grundstück an der Bernburger Straße sei gemäß Flächennutzungsplan eine Grünfläche vorgesehen. Außerdem läge die Schule dort neben einem „Industriegebiet“. Gleich mal ein Kreuz im Kalender machen: Der WIC nimmt eine geplante Grünfläche zum Anlass, eine Bebauung abzulehnen. Ansonsten ist der Lobby-Club eher weniger gut auf Stadtwildnis und ähnliche Dinge zu sprechen… Das vermeintliche Industriegebiet ist eine relativ übersichtliche Gewerbefläche. Im benachbarten Jugendclub Thomas-Müntzer verbringen Kinder und Jugendliche Teile ihrer Freizeit.

Aus den Fingern gesogen erscheint als relativ freundliche Beschreibung für die vermeintlichen Argumente des WIC gegen die Bernburger Straße. Wesentlich handfester muten die Interessen an, die der WIC für seine Mitglieder vertritt und damit auch für die Herren Nicky Meißner und Matthias Kunz. Meißner und Kunz sind in leitenden Positionen in der Dessau-Roßlauer Wohnungswirtschaft tätig.

Korrektur früherer Version der Beitrages:

In der früheren, am 28. Juni 2023 veröffentlichten Version des Beitrages, war im vorstehenden Absatz ein sachlicher Fehler enthalten. Dieser Fehler ist mit Aktualisierung vom 08. Juli 2023 korrigiert worden.

Links-Unternehmer mit interessen?

Dass der Vorsitzende der Linksfraktion im Stadtrat, Ralf Schönemann, nach dem Scheitern des Antrages seines CDU-Ratskollegen auf Nichtöffentlichkeit am 14. Juni eine Vertagung des Tagesordnungspunktes Standort Bernburger Straße vorschlug (auch dies kam nicht zustande), wäre dabei nur noch eine lächerliche Fußnote, würde nicht auch sein Entsorgungsunternehmen von Aufträgen der Stadt profitieren (und bei einem Abriss der Wohnblöcke in der Friederikenstraße gäbe es einiges zu entsorgen).

Pläne des DWG-Geschäftsführers

Geschäftsführer der stadteigenen DWG ist seit April 2022 Thomas Florian. Die Stelle hat Florian sicherlich nicht ohne Zustimmung seitens OB Reck erhalten. Und Reck hätte kaum einen Geschäftsführer eingestellt, der nicht bereit wäre, Recks Vorstellungen und Pläne umzusetzen. Florians erklärte Absicht ist es, die DWG vom Leerstandsverwalter zu einem profitablen Unternehmen umzubauen, das im Sinne der Stadtentwicklung agiert. Ergo muss es im Interesse des Geschäftsführers liegen, die Leerstände an der Friederikenstraße abzustoßen. Und nichts liegt näher, als dass Reck seinen Geschäftsführer entsprechend unterstützt – zum Beispiel mit einem Kauf der Blöcke zum Zwecke des Abrisses, weil dort eine Schule gebaut werden soll.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass Recks Widerspruch geradezu geplant gewesen sein muss. Und sei es als letzte Option, wenn alle anderen Versuche der Einflussnahme nicht fruchten. Seine offizielle Begründung, er wolle sein Wahlversprechen einhalten, die Innenstadt zu beleben und deshalb die Schule in der Friederikenstraße ansiedeln, ist irgendwas zwischen hilflos und lächerlich. Bestenfalls ein Ablenkungsmanöver. Oder einfach der Versuch, den Stadtrat damit unter Druck zu setzen, dass er, Reck, ja schließlich für sein Vorhaben Innenstadtbelebung gewählt worden sei. Wobei fraglich bleibt, welche belebenden Auswirkungen eine Schule auf die City haben soll.

Baukosten sind nicht Gesamtkosten

Was bleibt, ist der Verweis des Oberbürgermeisters auf niedrigere Baukosten an der Friederikenstraße. Dort sei das Bauen drei Millionen Euro günstiger machbar als an der Bernburger Straße. Die Beigeordnete für Bauen und Stadtgrün, Jacqueline Lohde, hatte hingegen auf höhere Kosten an der Friederikenstraße im Vergleich zur Bernburger Straße hingewiesen. Mögliche Lösung: Lohde bezieht sich auf die Gesamtrechnung, Reck gibt nur Baukosten an. Kosten für Grundstückserwerb, Gerichtsverfahren und Abbruch sind in Baukosten allein nicht enthalten. Das wäre noch eine Nebelkerze des Oberbürgermeisters.

Verwaltung: Widerspruch gegen widerspruch

Entsprechende Fragen stellt man sich offenbar auch in der Stadtverwaltung. Aus gut unterrichteter Quelle verlautet, dass selbst hochrangiges Personal der Administration den Plänen Recks gelinde gesagt kritisch gegenübersteht. Der Oberbürgermeister könne weder die Rechtswidrigkeit des Stadtratsbeschlusses, noch daraus erwachsende Nachteile für die Stadt darlegen. Der Schulneubau sei dringend notwendig, Recks Widerspruch verzögere schon weit fortgeschrittene Planungen, grummelt es.

Welcher Vorteil sich für die Stadt daraus ergibt, dass für das vorliegende Machbarkeitsgutachten noch einmal 10.000 Euro nachgeschossen werden müssen, um auch den neuen Standort Friederikenstraße zu berücksichtigen, bleibt vorerst das Geheimnis des Hauptverwaltungsbeamten. Zumal das Geld mutmaßlich für einen Standort ausgegeben würde, der nicht gegen den Beschluss des Stadtrates durchzusetzen ist.

KapitAl oder Kinder: Öffentlichkeit mobilisieren

Klar, ohne Kapital kommt die Belebung der City nicht voran. Kapital kann nur von Unternehmen kommen. Aber es muss am richtigen Ort eingesetzt werden. Und Kapital darf nicht wichtiger sein als Kinder. Dem Vernehmen nach erwägen erste Stadträtinnen und Stadträte, Eltern und Öffentlichkeit zu mobilisieren.

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